Seit der Veröffentlichung des Textes über Andre “Jacktekkniels” Schneider sind einige Dinge passiert, zu denen wir noch etwas sagen müssen. Ebenfalls möchten wir bezüglich Schneiders Tätowierungen etwas richtigstellen.
Bereits am Abend der Veröffentlichung des Textes hat Andre “Jacktekkniels” Schneider seinen Auftritt bei der Veranstaltung der SchülerInnen des Abiturjahrgangs 2018 mit folgendem Statement abgesagt: [1]
Ebenfalls hat das “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage”-Team zusammen mit dem Lehrer Zöger folgendes Statement auf der Homepage des Gymnasiums veröffentlicht: [2]
Zunächst wollen wir uns solidarisch mit allen erklären, die die Kraft und Geduld aufbringen, Menschen bei ihrem Ausstieg aus rechtsextremistischen Milieus zu begleiten und wollen an dieser Stelle beispielhaft auf die wichtige Arbeit von Organisationen wie Exit Deutschland [3] hinweisen. Auch ist uns bewusst, dass ein konsequenter Ausstieg keinesfalls ein leichter Prozess ist, weder für die aussteigende Person, noch für die UnterstützerInnen. Dementsprechend sind wir natürlich der Meinung, dass sich Menschen ändern können. Noch viel mehr begrüßen wir, wenn Neonazis aus ihrer eigenen Szene aussteigen. Ein authentischer Ausstieg bedeutet für uns allerdings mehr als eine bloße wortkarge Erklärung, sondern vielmehr eine deutliche Distanzierung von der eigenen Vergangenheit, eine kritische Reflexion begangener Taten, ein Bruch mit dem neonazistischen Umfeld und eine Hinwendung zu einem antirassistischen und humanistischen Weltbild.
Richtigstellen möchten wir, dass nicht nachweisbar ist, ob auf den Fingern von Andre Schneider jemals “Blut” und “Ehre” tätowiert war und dass der Schriftzug “NS-HARDCORE” vermutlich im letzen Jahr in “$-HARDCORE” geändert wurde. Wir entschuldigen uns dafür, an dieser Stelle etwas Falsches verbreitet zu haben. An unserer grundsätzlichen Kritik halten wir dennoch fest. Wir kennen zwar Andre Schneider nicht persönlich und können und wollen die Ernsthaftigkeit seines Ausstiegs nicht abschließend bewerten. Es gibt allerdings zahlreiche Indizien, die uns daran zweifeln lassen. Wir erkennen in seinem halbgaren Facebook-Statement weniger eine kritische Reflexion und ein ernstzunehmendes Bedauern seiner (ehemals?) menschenfeindlichen Ideologie, sondern eher das Unverständnis darüber, dass kritische Nachfragen zu seiner neonazistischen Vergangenheit gestellt werden.
An seinem Hals ist immer noch der Schriftzug “PAINFUL LIFE” zu sehen, der laut seiner eigenen Aussage einen privaten Hintergrund hat. Wie glaubhaft ist es, dass eine Person, die sich “NS-HARDCORE” tätowieren lässt, die NS-Hardcore Band “Painful Life” aus dem Bördekreis [4] nicht kennt, deren Bandlogo der eigenen Tätowierung zum Verwechseln ähnlich sieht?
Wie ist es zu erklären, dass die menschenverachtenden Posts auf Schneiders privater Facebookseite bis zur Veröffentlichung unseres Textes noch in seiner Timeline zu finden waren? Wieso befanden sich am 07.01. immernoch die NS-Hardcore Bands “Moshpit”[5][6] und “Agharta”(wie Moshpit bei OPOS-Records) unter seinen Likes bei Facebook? Auch die mindestens rechtsoffenen “Krawallbrüder”[7] befinden sich nach wie vor unter seinen Likes. Bedenklich ist auch, dass er nach seinem angeblichen Ausstieg nicht zuerst die Tätowierungen aus seiner aktiven Neonazi-Zeit crossen ließ, sondern sich zuerst den anderen Arm tätowierte. Wer wirklich aussteigt, also seine Vergangenheit reflektiert und mit ihr bricht, hätte dieser nicht ein großes Interesse daran, das für ihn ebenso peinliche wie ekelhafte “NS-hardcore” möglichst schnell von seinem Arm verschwinden zu lassen? Problematisch ist ebenso, dass immer noch Bilder seiner Nazi-Tätowierungen auf seiner Facebookseite(Jacktekkniels Live) zu sehen sind und er jahrelang die Tätowierungen bei seinen Auftritten zur Schau trug. Wie sehr ist also dieser vermeintliche Ausstieg ernstzunehmen, wenn weiterhin die Symbole aus der Zeit, die man hinter sich lassen möchte, gezeigt werden?
Was waren die Beweggründe für einen Ausstieg? Sicherlich nicht eine Reflektion der menschenverachtenden Ideologien, denn auch in jüngerer Zeit scheinen Widerlichkeiten wie “behinderter Spast”[8], “du Behinderte”[9] und “Dance Bitch”[10] zum normalen Sprachgebrauch des achso geläuterten DJs zu gehören. Aus dieser Wortwahl spricht dieselbe Ideologie der Ungleichheit und dieselbe Herabwürdigung von Menschen wie sie bei neonazistischen Weltbildern zu finden sind.
Aus genannten Gründen sind wir der Meinung, dass das SOR-Team dem vermeintlichen Aussteiger etwas voreilig die Hand reicht. Das SOR-Team lässt zudem völlig außer Acht, dass Schneider auch schon beim Penneball des Abiturjahrgangs 2017[11] aufgetreten ist. Wir erwarten von Menschen, die SchülerInnen bei einem Projekt wie SOR-SMC unterstützen und damit für ein antirassistisches und humanistisches Weltbild eintreten, etwas tiefgründigere Überlegungen als die bloße Adaption der Selbsbeschreibung eines (Ex-?)Nazis. Und um das mal klarzustellen: Wir wollen auch ein Miteinander! Ein Miteinander, in dem alle verschieden sein können, ohne ausgegrenzt zu werden, und zwar unabhängig ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung und ihrer Religion. Ein solches Miteinander schließt die Zusammenarbeit mit MenschenfeindInnen jeglicher Couleur aus!
Das SOR-Team wirft uns die anonyme Verbreitung unserer Textes vor und befürwortet laut ihres zitierten Grundsatzes eine “offene Auseinandersetzung”. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass sich nach unseren Informationen dieselbe Person, die uns auf die Vorgänge rund um den Penneball aufmerksam gemacht hat, zuvor an SchülerInnen und LehrerInnen des Gymnasiums gewendet hat. Es gab demnach sehr wohl die Bemühungen um ein persönliches Gespräch und die Bitte darum, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen. Dies wurde jedoch mehrmals abgelehnt. Trotz mehrfacher Hinweise auf die problematische Vergangenheit Schneiders passierte nichts. Die Öffentlichkeit hätte sich das SOR-Team ersparen können, wenn es für notwendig erachtet worden wäre, auf die vorangegangenen Mails zu reagieren. Zu jeder Zeit wäre auch eine interne Diskussion über den Sachverhalt möglich gewesen. Da dies ausblieb, sahen wir uns dazu gezwungen, eine öffentliche Plattform zu nutzen. Wir wünschen uns von der Schule und vom SOR-Team eine kritische Reflexion ihres Vorgehens anstelle eines bloßen Hinwegschiebens jeglicher Verantwortung. Wir sind in der Lage, uns eigene Fehler einzugestehen. Fraglich ist, ob dies auch den AkteurInnen der Schule möglich ist.
Das Statement der Schule archiviert:
” Wenn an meiner Schule […] diskriminierende Handlungen ausgeübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen Auseinandersetzung mit diesem Problem gemeinsam Wege finden, zukünftig einander zu achten.” (Zweiter Grundsatz von SoR-SmC.)
Aus aktuellem Anlass distanziert sich das Schule-ohne-Rassismus-Team des Querfurter Gymnasiums deutlich von den Verleumdungen, die in den sozialen Medien und auf einem Internetblog anonyme Verbreitung fanden. Wir wollen keine feige Polarisierung im halböffentlichen Raum des Internets. Wir setzen uns dafür ein, dass Aussteiger aus der rechten Szene nicht aufgrund Ihrer Vergangenheit ausgegrenzt werden und bieten diesen couragiert unsere Hand an. Ein nachträgliches Diskriminieren und Anprangern lehnen wir ab. Wir wollen ein Miteinander, kein Gegeneinander!
Das SoR-Team des Querfurter Gymnasiums & Herr Zöger